Daniel Foppa
Walter Wobmann sitzt auf seinem Gartensofa und studiert den Koran. Im Hintergrund Einfamilienhaus-Idylle mit Wintergarten, Stewi und Schweizer Fahne. Derart inszenierte sich der SVP-Nationalrat letzte Woche, als die «Schweizer Illustrierte» bei ihm in Gretzenbach SO zu Besuch war. Wobmann, verheiratet, Vater von drei Kindern, Kämpfer gegen Minarett, Vignette und Burka, ist Homestory-tauglich. Das war nicht immer so. «Wobmann packt die Themen an, an denen sich andere nicht die Hände schmutzig machen wollen», sagt der Solothurner Ständerat Roberto Zanetti.
Gegen den Sozialdemokraten blieb Wobmann 2015 im Kampf um einen Sitz im Stöckli chancenlos. Ansonsten schafft der SVP-Mann regelmässig und praktisch im Alleingang die Sensation. Begonnen hat alles im Frühling 2007. Wobmann, damals seit vier Jahren Nationalrat, lancierte mit Mitstreitern des «Egerkinger Komitees» eine Volksinitiative zum Verbot von Minaretten. Bei den Wahlen im folgenden Herbst wurden mit Ulrich Schlüer (SVP) und Christian Waber (EDU) zwei prominente Komiteemitglieder abgewählt – übrig blieb als Aushängeschild Wobmann.
Der SVP-Mann tingelte fortan durch die Lande und verbreitete seine Botschaft: Er habe nichts gegen Muslime. Aber Minarette seien Ausdruck des politischen Islam und deshalb zu verbieten. Wer darauf hinwies, dass landesweit gerade mal drei Minarette stünden, erhielt zur Antwort: «Wehret den Anfängen!» Er kämpfe dafür, dass die Schweiz auch noch in dreissig Jahren die Schweiz sei. «Die Islamisierung Europas ist in vollem Gang», sagt der Katholik, dem die Kirche zu links ist, der aber die Abschaffung des Zölibats und das Frauenpriestertum befürwortet.
Frei von Charisma
Wobmann konnte bei seinem Kampf gegen Minarette weder auf die Unterstützung der Partei zählen, noch verfügt er über Charisma. Doch seine Botschaft kam an. Entgegen der Umfragen wurde die Initiative 2009 mit 57,5 Prozent Ja-Stimmen angenommen. «Ich bin viel bei den Leuten und spüre, was sie beschäftigt», sagt Wobmann. Wenn er etwas anpacke, ziehe er es «voll durch». Man würde solche Sätze wohl als inhaltsleere Politikerfloskeln abtun – wenn sein Erfolg wie etwa im Fall von Thomas Minder und dessen Abzockerinitiative ein einmaliges Ereignis gewesen wäre. Ist er aber nicht.
2013 knüpfte sich der gelernte Automechaniker, der heute Verkaufsleiter in der Werkzeugbranche ist, die Erhöhung der Autobahnvignette von 40 auf 100 Franken vor. Vergeblich hielt Verkehrsministerin Doris Leuthard (CVP) dagegen, weniger Vignettengeld bedeute weniger Geld für den Strassenbau. Wobmann verwies auf den milliardenteuren Ausbau der Bahn und das viele Geld, das die Autofahrer der Bundeskasse ablieferten. Da sei auch ohne teurere Vignette genug Geld für die Strasse vorhanden.
Erneut folgte das Stimmvolk dieser Argumentation. Und nun also das Burkaverbot. «Ich bin nicht froh darüber, dass ich solche Themen aufgreifen muss. Aber jemand muss es machen», sagt Wobmann und erinnert dabei an Christoph Blocher, zu dem er dem Vernehmen nach keinen besonderen Draht hat. Wobmann ist auch innerhalb der Partei ein unkontrollierbarer Aussenseiter geblieben. Über seinen eng umrissenen Themenkreis hinaus tritt er kaum in Erscheinung.
Der Puls der Bevölkerung
Beim Burkaverbot geht der SVP-Mann zweispurig vor: Parallel zur parlamentarischen Initiative sammelt er mit dem «Egerkinger Komitee» Unterschriften für ein nationales Verhüllungsverbot. 50’000 Unterschriften sind es bereits. Niemand zweifelt daran, dass die erforderten 100’000 zustande kommen. Übersteht sein Vorstoss die Ratsdebatte – im Ständerat wird er einen schweren Stand haben – kann sich Wobmann vorstellen, dass Vorstoss und Initiative gleichzeitig im Parlament behandelt werden.
«Ich sperre mich nicht dagegen, dass das Burkaverbot auf Gesetzesstufe geregelt wird», deutet Wobmann Kompromissbereitschaft an. Wichtig sei, dass etwas geschehe, das wollten die Leute. «Er spürt den Puls der Bevölkerung, wie mein Hund einen Knochen riecht», sagte der unterdessen verstorbene SVP-Ständerat This Jenny in einem SRF-Dokfilm über Wobmann.
Dieser nimmt das gestiegene Interesse an seiner Person mit Gelassenheit und Genugtuung hin. Zitate gegenlesen will er nicht. Aufmerksamkeit nützt so oder so. Geschmacklosigkeiten wie das Posieren mit einer Sprengstoffgürtel-Attrappe auf dem Bundesplatz gehören für ihn zum Geschäft. Zur Entspannung besucht der Präsident des Schweizerischen Motorradverbands Motorradveranstaltungen im In- und Ausland.
«Eine sehr kameradschaftliche, eigentlich eine ideale Welt», schwärmt Wobmann beispielsweise vom Sachsenring-Rennen in Deutschland. Da kämen über 200’000 Motorradfans zusammen, und alles spiele sich friedlich ab. Eine Parallelwelt, in der Wobmann mit seiner Kawasaki 750 zu Hause ist. Früher fuhr er selber Rennen. Heute sei er gemächlicher unterwegs, zumindest auf der Strasse. Der Titel für eine geplante Autobiografie stehe allerdings schon fest: «Ein Leben im Grenzbereich».